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Welche unterschiedlichen Modelle der konsensuell nicht-monogamen Beziehungsformen es gibt und welche denn jetzt die beste ist
Bilder: Ida Baumgardt

Ob Swingen, Polyamorie oder offene Beziehung: Es gibt zahlreiche Beziehungsformen neben der Monogamie. Wie sie abschneiden in puncto Beziehungsqualität und anderen Aspekten erfahrt ihr hier und auch, welche Faktoren eine Rolle spielen für eine gelungene nicht-monogame Beziehung.

B eziehungen unterschiedlicher Art begleiten uns wie rote Fäden, die sich durch unser aller Leben schlängeln. Einige davon sind dick und beständig, andere dünn und fragil und einige begleiten uns unser Leben lang. Doch eines ist ihnen allen gemein: Jede ist anders, individuell wie wir Menschen selbst. Heutzutage sind den Gestaltungsmöglichkeiten unserer Liebesbeziehungen keine Grenzen mehr gesetzt. Das eröffnet uns die Möglichkeit, unser Liebesleben ganz nach unseren Bedürfnissen und Wünschen zu gestalten. Gleichzeitig stehen wir jedoch vor der Herausforderung, aus einer Vielzahl an Optionen die richtige für uns zu wählen. Welche Beziehungsform will ich denn leben und welche macht mich am glücklichsten? Natürlich gibt es darauf keine einfache Antwort. Mit diesem Artikel möchte ich einen kurzen Überblick über ein paar gängige Beziehungsformen neben der Monogamie geben und diese aus einer wissenschaftlichen Perspektive beleuchten.

Welche Modelle der konsensuellen Nicht-Monogamie gibt es?

Um im Dschungel der konsensuellen Nicht-Monogamie (KNM) zurechtzukommen, scheint es angebracht, als erstes einen Blick auf einige Beziehungsformen zu werfen, wie sie Jessica Fern (2020) in ihrem Buch «polysecure» beschreibt – bei Weitem nicht alle, aber ein guter Einstieg in die Thematik.

Konsensuelle Nicht-Monogamie (KNM)

Als konsensuelle Nicht-Monogamie wird die Praxis beschrieben, in der Personen mehrere sexuelle und/oder romantische Partnerschaften gleichzeitig haben (Fern, 2020). Konsensuell meint in diesem Zusammenhang, dass sich alle beteiligten Personen darin bewusst und damit einverstanden sind.

Grundsätzlich grenzt sich die Monogamie von den nicht-monogamen Beziehungsformen darin ab, dass sie in der Regel sowohl emotionale als auch sexuelle Exklusivität voraussetzt. Nun aber zur KNM und der ersten Form: Das «Swingen» wird als Praxis bezeichnet, bei der Paare sexuelle Aktivitäten mit anderen Personen, Paaren oder Gruppen durchführen und sich dabei meist gemeinsam an einem Ort oder einer Veranstaltung befinden. Dabei liegt der Fokus auf den sexuellen Aktivitäten und nicht auf der Entwicklung von emotionalen oder romantischen Gefühlen. Eine weitere «sanfte» Form ist die offene Beziehung oder offene Ehe, bei der mehrere sexuelle oder romantische Kontakte gepflegt werden können. Die emotionalen Bindungen zu den jeweiligen Aussenbeziehungen werden aber bewusst eingeschränkt, damit die Kernbeziehung prioritär bleibt – es wird also wieder auf den sexuellen Aspekt fokussiert.

Etwas weiter geht die Polyamorie, bei der mehrere sexuelle sowie romantische Verbindungen eingegangen werden können. Hier ist also weder die sexuelle noch die emotionale Exklusivität gegeben. Bei der Polyamorie wird zudem unterschieden, ob die Beziehungen hierarchisch gestaltet werden oder nicht. Bei der hierarchischen Polyamorie gibt es eine Rangordnung der Partnerschaften – es gibt primäre, sekundäre und eventuell tertiäre. Die primäre Beziehung ist am höchsten bewertet in ihrer Wichtigkeit. Die primären Beziehungspersonen verbringen oft am meisten Zeit miteinander, wohnen vielleicht zusammen und haben bestimmte Vorrechte gegenüber den untergeordneten Verbindungen. Beispielsweise kann die Primärbeziehung darüber bestimmen, welche emotionalen oder sexuellen Grenzen bei den untergeordneten gezogen werden. Bei der nicht-hierarchischen Polyamorie gibt es hingegen weder eine Rangordnung noch Privilegien einzelner Beziehungen gegenüber den anderen. Dies unterstützt die Flexibilität der einzelnen Partnerschaften und lässt diese sich ganz individuell und frei entwickeln.

Was ist denn jetzt besser: monogam, polyamor oder doch lieber eine offene Beziehung?

Nach wie vor besteht aber eine Norm zugunsten der Monogamie, was durch den Begriff der Mononormativität ausgedrückt wird (Rodrigues, 2024). Diese Norm beeinflusst unsere Wahrnehmung der unterschiedlichen Beziehungsformen (Rodrigues, 2024). In der Studie von Conley et al. (2013), in der die Stigmatisierung der KNM untersucht wurde, wurden Menschen befragt, was denn für sie die Vorteile der Monogamie seien. Als häufigste Gründe wurden Commitment, (sexuelle) Gesundheit und Vertrauen angegeben. Monogame Beziehungen wurden generell als positiver wahrgenommen als nicht-monogame, und dies sogar von Personen, die selbst nicht monogam lebten (Conley et al., 2013).

Stimmen denn die Vorurteile gegenüber nicht-monogamen Beziehungen? Dazu ein kleiner Vergleich im Blick auf unterschiedliche Beziehungsoutcomes. In puncto globale Beziehungszufriedenheit, Commitment und leidenschaftlicher Liebe scheinen sich monogame nicht von KNM zu unterscheiden (Conley et al., 2017). Anders sieht es aber aus bei Eifersucht, denn monogame Paare zeigen mehr davon und dafür weniger Vertrauen in der Partnerschaft (Conley et al., 2017). Es besteht also ein Widerspruch zwischen der Wahrnehmung von nicht-monogamen Partnerschaften, die negativ gefärbt ist und der tatsächlichen Beziehungszufriedenheit, die vergleichbar gut ist und sogar einige Vorteile zu haben scheint.

Aber auch innerhalb der KNM gibt es Unterschiede bezüglich Beziehungsoutcomes. Beispielsweise wurden in einer Studie offene, polyamore Beziehungen und Swinger verglichen (Conley & Piemonte, 2021). Die offenen Partnerschaften schnitten am schlechtesten ab, sie zeigten im Vergleich mit den Polyamoren und den Swingern tiefere Werte in der Beziehungszufriedenheit, leidenschaftlicher Liebe und Vertrauen (Conley & Piemonte, 2021).

Metamour

Zwei Personen, die die gleiche Partnerperson haben, aber nicht direkt romantisch oder sexuell miteinander verbunden sind, sind Metamours (Fern, 2020). Also beispielsweise sind ich und die Partnerin meines Partners Metamours. Es könnte sich übrigens lohnen, die Metamours kennenzulernen und zu ihnen eine Beziehung aufzubauen. Eine Studie konnte zeigen, dass effektive Kommunikation und eine enge Beziehung zu den Metamours mit einer erhöhten Beziehungsqualität einhergehen (Conley & Piemonte, 2021).

In einem weiterführenden Schritt versuchten die Autor*innen herauszufinden, welche Faktoren relevant sind für diese Unterschiede. Sie konnten zeigen, dass die Personen in offenen Partnerschaften in der Beziehungskommunikation weniger effektiv waren und stärkere pro monogame Überzeugungen hatten (Conley & Piemonte, 2021). Zudem zeigten Menschen in offenen Beziehungen häufiger extrinsische Gründe (durch äussere Reize gesteuert) für das Führen einer KNM, was einen negativen Zusammenhang mit der Beziehungszufriedenheit hatte (Conley & Piemonte, 2021). Was die Beziehungszufriedenheit aber positiv zu beeinflussen schien, waren gute Beziehungen zu den Metamours (Partnerpersonen der Partnerpersonen), worin die Menschen in offenen Beziehungen weniger gut abschnitten als die anderen (Conley & Piemonte, 2021).

Die Ergebnisse könnten also darauf hinweisen, dass unter anderem effektive Beziehungskommunikation aber auch intrinsische Gründe wichtig sind für eine gelingende KNM. Doch was sind denn andere gängige Motivatoren für Menschen, sich für eine nicht-monogame Beziehung zu entscheiden?

Was motiviert Menschen, nicht monogam zu leben?

In einer Studie wurden Menschen befragt, was ihre individuellen Gründe sind, warum sie sich entschieden haben, ihre Partnerschaften nicht monogam zu führen (Wood et al., 2021). Wichtig für viele der befragten Personen war die körperliche und sexuelle Autonomie, aber auch ihr Glaubenssystem, das sich nicht gut mit der einschränkenden Monogamie vereinbaren liesse (Wood et al., 2021). Zusätzlich sei KNM besser, um die individuellen Bedürfnisse befriedigen zu können, die Sexualität zu explorieren und persönlich sowie auch in der Beziehung wachsen zu können (Wood et al., 2021).

«Menschen wollen Sex.
Und Freiheit.
Und Geborgenheit.
Und Liebe.»

Friedemann Karig, 2017, S. 298

Es kann sinnvoll sein, die Mononormativität zu hinterfragen und für sich selbst zu erkunden, welche Bedürfnisse in einer Partnerschaft prioritär sind. Ob es gelingt oder ob es das Richtige ist für jemanden, findet man am besten durch eigene Erfahrung heraus. Weder das eine noch das andere ist per se richtig oder falsch; es hängt vielmehr von der individuellen Passung ab. Wer neugierig geworden ist und selbst einmal den nicht-monogamen Weg ausprobieren will: Es gibt zahlreiche Bücher, Podcasts (z. B. «HEJ DU – Der Podcast über offene Beziehungen» auf Spotify) und Websites (z. B. Polyamorie.ch) zum Thema, die helfen können, sich auf ganz pragmatische Art und Weise der KNM zu nähern.

Zum Weiterlesen

  • Fern, J. (2020). Polysecure – Attachment, Trauma and Consensual Nonmonogamy. Thorntree Press, Ilc.
  • Karig, F. (2017). Wie wir lieben. Aufbau Verlage GmbH & Co. KG.

Referenzen

  • Conley, T. D., Matsick, J. L., Moors, A. C., & Ziegler, A. (2017). Investigation of Consensually Nonmonogamous Relationships: Theories, Methods, and New Directions. Perspectives on Psychological Science, 12(2), 205–232. https://doi.org/10.1177/1745691616667925
  • Conley, T. D., Moors, A. C., Matsick, J. L., & Ziegler, A. (2013). The fewer the merrier?: Assessing stigma surrounding consensually non-monogamous romantic relationships. Analyses of Social Issues and Public Policy, 13(1), 1–30. https://doi.org/10.1111/j.1530-2415.2012.01286.x
  • Conley, T. D., & Piemonte, J. L. (2021). Are there “Better” and “Worse” Ways to be Consensually Non-Monogamous (CNM)?: CNM Types and CNM-Specific Predictors of Dyadic Adjustment. Archives of Sexual Behavior, 50(4), 1273–1286. https://doi.org/10.1007/s10508-021-02027-3
  • Fern, J. (2020). Polysecure - Attachment, Trauma and Consensual Nonmonogamy. Thorntree Press, Ilc.
  • Karig, F. (2017). Wie wir lieben. Aufbau Verlage GmbH & Co. KG.
  • Nordgren, A. (2012). The short instructional manifesto for relationship anarchy. https://log.andie.se/post/26652940513/the-short-instructional-manifesto-for-relationship
  • Rodrigues, D. L. (2024). A Narrative Review of the Dichotomy Between the Social Views of Non-Monogamy and the Experiences of Consensual Non-Monogamous People. Archives of Sexual Behavior, 53(3), 931–940. https://doi.org/10.1007/s10508-023-02786-1
  • Wood, J., De Santis, C., Desmarais, S., & Milhausen, R. (2021). Motivations for Engaging in Consensually Non-Monogamous Relationships. Archives of Sexual Behavior, 50(4), 1253–1272. https://doi.org/10.1007/s10508-020-01873-x