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Bericht

Schizophrenie im Kino

Auswirkungen und Chancen bei filmischen Darstellungen
Bilder: Jeannine Pfister

In Filmen werden Menschen mit der Diagnose Schizophrenie immer wieder auf schädliche Art und Weise falsch dargestellt. Welche Auswirkungen dies auf betroffene Personen haben kann und ob es tatsächlich einen Zusammenhang gibt zwischen diesen filmischen Darstellungen und der Realität, legt dieser Artikel dar.

S chizophrenie wird von der WHO als eine psychische Störung kategorisiert (WHO, 2022). Das Krankheitsbild zeichnet sich durch psychotische Episoden und Falschinterpretationen der Realität aus (Owen & Mortensen, 2016). Ebenso gehören Wahnvorstellungen, desorganisiertes Denken und Handeln, Halluzinationen (DSM-5, 2013) und unangepasster Affekt (Owen & Mortensen, 2016) zur Krankheit. Die Hälfte der von Schizophrenie betroffenen Patient*innen werden ein Leben lang davon betroffen sein (Lawrence et al., 2015). Die andere Hälfte wird wieder ganz gesund (Vita & Barlati, 2018).

Schizophrenie und Gewalt – ein Zusammenhang?

Im Gegensatz zur Darstellung der Krankheit in Filmen sind die meisten von Schizophrenie betroffenen Personen nicht gewalttätig (DSM-5, 2013). In der Tat gibt es eine höhere Gefahr, dass Menschen mit Schizophrenie Opfer von Gewalt werden, als umgekehrt (DSM-5, 2013). Jedoch liegt bei Komorbiditäten der Krankheit mit Substanzenmissbrauch und/oder mit einer antisoziale Persönlichkeitsstörung eine erhöhte Wahrscheinlichkeit zur Gewalt vor (Richard-Devantoy et al., 2009). Negative Darstellungen in Medien und Filmen von Personen mit einer Diagnose von einzig Schizophrenie kommen jedoch immer wieder vor und könnten so deren Stigmatisierung fördern (Holmberg, 2023), obwohl Schizophrenie ohne Komorbiditäten keinen ausschlaggebenden Hinweis für mögliche Gewalt liefert (Richard-Devantoy et al., 2009). Diese Stigmatisierung der Schizophrenie kann beispielsweise durch die Verwendung stigmatisierender Sprache in den Medien geschehen. Eine Studie von Christopher Holmberg von 2023 fand heraus, dass die Mehrheit der Berichterstattungen in Schweden (Print, Web, Radio/TV), welche über Schizophrenie berichteten, diese Krankheit durch ihre Sprache zwischen 2002 und 2022 stigmatisierten.

Lügen des Kinos

Wie ein CBS Artikel hervorhebt, werden viele Personen mit Schizophrenie als Bösewichte porträtiert, als eine Gefahr für andere, wie beispielsweise im Film Psycho. Zudem gibt es Filmdarstellungen von Personen mit Schizophrenie, welche ihre Bedürfnisse und/oder ihre tatsächliche Lebensrealität in Frage stellen und diese somit beide leugnen (Koranne, 2022).

Vermutete Auswirkungen falscher filmischer Darstellungen

Gemäss einer Studie in Griechenland denken 74,6 Prozent der Befragten, dass Personen mit Schizophrenie gefährlich seien (Economou et al., 2009), wobei deren Hauptinformationsquelle der Fernseher war (Economou et al., 2009). Laut derselben Studie haben Personen, die in Städten wohnen und einen höheren Bildungsgrad haben, tendenziell ein besseres Wissen und eine positivere Einstellung gegenüber der Krankheit (Economou et al., 2009). Des Weiteren konnten Forschende herausfinden, dass eine bereits 45-minütige Filmsequenz mit einer inexakten und angsterfüllenden Darstellung von einer Personen mit Schizophrenie bei den Studienteilnehmenden einen negativen Einfluss hinterliess. Die gewählten Filmausschnitte entstammten dem Drama-Thriller Film Donnie Darko (2004), welcher den Charakter Donnie porträtiert, der von Halluzinationen heimgesucht wird, welche ihn beeinflussen, Gewalttaten und Vandalismus zu begehen (siehe Garrett, 2008). Dieser Film wurde von Forschenden der inkorrekten Darstellung von Personen mit Schizophrenie bezichtigt (Owen, 2012). So wurden Personen mit dieser Krankheit nach dem Betrachten der Auszüge des Filmes als gefährlich, unvorhersehbar und unfähig zur Unabhängigkeit eingestuft. Auch hatten diese Personen weniger positive Gefühle gegenüber Menschen mit Schizophrenie als die Personen, denen ein akkurates Porträt der Störung gezeigt wurde. Dies weist darauf hin, dass Medien, einschliesslich des Fernsehens, der Zeitungen und populärer Filme, durch negative und ungenaue Darstellungen verschiedener psychischen Störungen zu deren Stigmatisierung beigetragen haben (Perciful & Meyer, 2016). Des Weiteren fördern negative Darstellungen von Menschen mit psychischen Krankheiten in den Medien möglicherweise die Stigmatisierung dieser Menschen. Diese Stigmatisierung kann zudem indirekt dazu führen, dass die Beschäftigungs-, Wohn-, und Finanzierungsmöglichkeiten für Menschen mit psychischen Krankheiten verkompliziert werden (Corrigan & Cooper, 2005).

«Efforts aimed at countering stigma in mental illness are faced with the challenge of centuries of discrimination and must, therefore, replace existing stereotypes with coverage of positive outcomes, as a first step in achieving the daunting task of overcoming these negative stereotypes. Long-term anti-stigma campaigns that encompass human-rights-based, normalization, and educational approaches are needed. The involvement of the media is essential for success, but, in order for the media to be used effectively, its motivations and limitations must first be recognized and understood.»

Benbow, 2007, S. 31

Die strukturelle und individuelle Diskriminierung aufgrund von Stigmatisierung führt schlussendlich dazu, dass Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen unzureichend oder gar nicht behandelt und versorgt werden. Das U.S. Department of Health and Human Services (2000) gibt sogar an, dass die Stigmatisierung psychischer Erkrankungen einer der, wenn nicht sogar der einflussreichste Faktor sei, welcher Menschen mit psychischen Leiden an der Beanspruchung einer therapeutischen Behandlung hindert.

Wie sollten Medien die Schizophrenie porträtieren?

Im Idealfall würden Medien mithilfe ihres Einflusses ihre Zuhörer*innen und Zuschauer*innen über psychische Störungen informieren. Benbow (2007) argumentiert jedoch, dass ungenaue Porträts von Menschen mit psychischen Leiden der Filmindustrie mehr Geld einspielen, da sie von der allgemeinen Bevölkerung als unterhaltend betrachtet werden. Perciful und Meyer (2017) glauben, dass es wichtig sei, dass psychologische Fachkräfte ihr Wissen nutzen, um gegen die Stigmatisierung von psychischen Krankheiten anzukämpfen und zu den wahren Begebenheiten der Krankheiten und den neuesten Erkenntnissen aufzuklären. Dadurch und durch gezielte Einzelgespräche mit Familien, Klient*innen, Gemeinden und Organisationen könne die Stigmatisierung von psychischen Krankheiten in den USA überwunden werden. Ähnlich wie in den USA stellt die Stigmatisierung von psychischen Krankheiten in der Schweiz ein Problem dar (Messerli, 2021). Vermutlich gibt es also auch in Schweizer Medien Handlungsbedarf bezüglich respektvolleren Darstellungen von Menschen mit Schizophrenie, um der Stigmatisierung der Störung entgegenzuwirken.

Respektvolle Darstellungen von Menschen mit Schizophrenie

Welches sind Medien und Filme, welche Schizophrenie auf eine respektvolle Art porträtieren und somit vielleicht auch das Bild von Personen mit Schizophrenie positiv beeinflussen?

Im Rahmen meiner Recherchen bin ich auf die Youtuberin Lauren gestossen, welche im Rahmen ihres YouTube-Channels über ihre Schizophrenie spricht und sehr offen über ihr Leben mit der Krankheit berichtet. Sie spricht darüber, dass sie nicht wirklich einen Film oder eine Serie kennt, wo sie die Darstellung von den Charakteren mit Schizophrenie mag, aber sie habe eine gefunden, welche sie zumindest nicht störe. Diese heisse «Maniac» und laufe auf Netflix. Gemäss Lauren hat die Show die Herausforderungen und das Leben des an Schizophrenie erkrankten Hauptcharakters Owen Milgrim auf eine empathische Weise gezeigt. Zudem würden auch andere Charaktere dargestellt, welche mit Symptomen der Krankheit wie z. B. Psychosen zu kämpfen hätten (Living Well With Schizophrenia, 2021). Die Youtuberin beschreibt, dass sie sich wünschen würde, in den populären Medien eine umfassendere Darstellung von Menschen mit Schizophrenie zu sehen. Aber sie wünscht sich mindestens, dass Menschen mit Schizophrenie in populären Medien korrekt dargestellt würden, also mit den tatsächlichen Symptomen der Schizophrenie (Living Well With Schizophrenia, 2022). Hier kann man sich den Trailer zum Film «Maniac» ansehen, auf welchen Lauren eingegangen ist: https://www.youtube.com/watch?v=vU5P88nNLPs.

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Referenzen