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Die Bedeutung von Blickkontakt bei emotionalen Gesprächen
Bilder: Andrea Bruggmann

Ist direkter Blickkontakt während eines Gesprächs immer besser? Oder gibt es auch Situationen, in denen man anderen besser nicht in die Augen schauen sollte?

B licke im sozialen Kontext haben viele wichtige Funktionen für uns. Sie erlauben Einblicke in mentale und emotionale Zustände anderer Personen und ermöglichen es uns, unsere eigenen Gefühle zu kommunizieren (Itier & Batty, 2009). Sie helfen uns, Gespräche zu strukturieren (Ho et al., 2015) und gemeinsame Handlungen zu koordinieren (Brennan et al., 2008).

Besonders auf direkten Blickkontakt reagieren Menschen sehr sensibel Es gibt zahlreiche Studien, die zeigen, dass Blickkontakt mit einer Gesprächsperson als positiv wahrgenommen wird und die soziale Verbundenheit mit dieser Person stärkt (z. B. Argyle et al., 1994; Stass & Willis, 1967). Wenn uns eine Person anschaut, vermittelt das ein Gefühl von Interesse und «Gesehen werden». Wir nehmen an, dass unser*e Gesprächspartner*in aktiv zuhört und das Gespräch fortführen möchte. Im Gegensatz dazu kann ein abgewendeter Blick mit Desinteresse und mangelnder emotionaler Verbundenheit assoziiert werden (Wesselmann et al., 2012).

Es scheint allerdings auch Kontexte zu geben, in denen ein abgewendeter Blick als positiver wahrgenommen wird und mehr Verbundenheit schafft als direkter Augenkontakt. In einer Studie von Breil und Böckler (2021) wurden Versuchspersonen gebeten, sich kurze Videoclips anzusehen, in denen eine der Kamera zugewandte Person zu sehen war. Die Versuchspersonen nahmen die Videos aus der Perspektive eines imaginären Gesprächspartners wahr, der zu hören war, aber nicht zu sehen, und wurden gebeten, sich mit dieser Person zu identifizieren. Der unsichtbare Gesprächspartner erzählte in jedem Videoclip eine kurze Geschichte, die entweder einen neutralen oder einen emotional negativen Inhalt (z. B. Enttäuschung/Reue) hatte. Die Person im Video reagierte auf die Geschichte entweder mit direktem Blickkontakt, mit dauerhaft abgewendetem Blick oder abwechselnd mit Blickkontakt und abgewendetem Blick. Im Anschluss sollte bewertet werden, wie empathisch und vertrauenswürdig die Person im Video ist, wie gut sie die Perspektive anderer übernehmen kann und wie emotional verbunden man sich mit der Person fühlt.

Für die neutralen Geschichten wurde ein abgewendeter Blick auf allen Dimensionen als negativer bewertet. Bei Geschichten mit negativem Inhalt waren die Bewertungen für abgewendeten Blick etwa gleich positiv wie für konstanten Blickkontakt. Die höchsten Bewertungen kamen jedoch in der Bedingung mit negativem Inhalt und wechselndem Blickkontakt zustande. Die Autoren begründen das Ergebnis folgendermassen: Während einer emotional schwierigen Konversation wird die gelegentliche Vermeidung des Blicks durch den Gesprächspartner nicht als Desinteresse, sondern als Versuch, dessen eigene Emotionen zu regulieren oder der erzählenden Person etwas Raum und Abstand zu geben, interpretiert. Je nach emotionalem Kontext einer Interaktion kann also das Abwenden des Blicks als Desinteresse oder auch als emotionale Kompetenz des Gesprächspartners interpretiert werden.

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Referenzen