Die Mode von heute ist der Abfall von morgen: So wirkt Fast Fashion. Wieso kursiert der Wegwerftrend in unserer Gesellschaft und welche Zielgruppe konsumiert hauptsächlich Fast Fashion? Welche Auswirkungen hat dieser Konsum auf unsere Umwelt? Wie setzten sich Einzelhändler gegen die Weg werfmode ein und was kannst DU dagegen machen?
H ast du schon einmal ein T-Shirt für unter zehn Franken gekauft im Wissen, dass sowohl das Material, die Herstellungskosten, der Transport und die Fixkosten vom Einzelhändler mit diesen zehn Franken proportional abgedeckt werden müssen? Es bedarf keiner grossen Vorstellungskraft, um zu erkennen, dass dieser Preis nur so tief angesetzt werden kann, weil an Materialqualität, sicheren Arbeitsbedingungen bei der Herstellung oder Sozialleistungen der Arbeiter*innen gespart wird. Aber sind wir doch ehrlich, lieber zehn Shirts à zehn Franken als zwei Shirts à 50 Franken – oder doch nicht?
Definition von Fast Fashion
Mode ist ein zyklisches Phänomen, das von der Öffentlichkeit weitgehend akzeptiert wird, bis es veraltet (Bhardwaj & Fairhurst, 2010). Modetrends werden von Fashion Shows und Runways beeinflusst, die früher ausschliesslich für das Auge von Designer*innen, Einkäufer*innen und Fashion Manager*innen auf die Beine gestellt wurden (Bhardwaj & Fairhurst, 2010). Ab 1999 machten Fotos der Modeschauen in Zeitschriften und im Internet die Modetrends der Öffentlichkeit zugänglich (Mintle, 2008). Der Industriezweig «Fast Fashion» entwickelte sich aufgrund des kurzen Lebenszyklus der heutigen Modetrends und dem Druck der Einzelhändler, diese Trends so schnell wie möglich umzusetzen (Barnes & Lea Greenwood, 2006; Mintle, 2008).
Der Cambridge Dictionary (o. D.) definiert Fast Fashion wie folgt:
«Clothes that are made and sold cheaply, so that people can buy new clothes often.»

In der Schweiz sind Zara und H&M führende Fast-Fashion- Händler, welche alle zwei bis vier Wochen neue Kollektionen präsentieren (Fast Fashion, 2020). Die Vielfalt der Optionen, die begrenzte Produktion und die niedrigen Preise von Fast Fashion erhöhen den Anreiz der Verbraucher*innen, eine grosse Menge an Kleidung zu kaufen (Crewe & Davenport, 1992; Mintle, 2008). Der Überkonsum von Bekleidung hat durch Onlineshops im letzten Jahrzehnt noch rasanter zugenommen (George & Yaoyuneyong, 2010; Lazim et al., 2020). Auch auf Social-Media-Kanälen ist man als Konsument*in stets zahlreichen Werbeanzeigen ausgesetzt, welche Impulsiv-Käufe fördern (Lazim et al., 2020). Weltweit werden jedes Jahr 80 Milliarden Kleidungsstücke aus erster Hand gekauft (Bick et al., 2018). Allein in der Schweiz fügt jede Person durchschnittlich 20 Kilogramm Kleidung (ca. 60 Stück) pro Jahr ihrem Kleiderschrank hinzu (WWF-Rating der Bekleidungs- und Textilindustrie, o. D.). Viele dieser Kleider bleiben ungetragen und landen beim Aussortieren direkt im Müll (Greenpeace-Umfrage, 2019). Dies unterstreicht das Ausmass des Kleidungsüberkonsums, welcher zu schwerwiegenden Umweltfolgen führt (z. B. Boucher & Friot, 2017).
Strategien zur Reduktion der kognitiven Dissonanz gemäss Fischer et al. (2018)
Wie reduziert ein*e Fast Fashion-Konsument*in das unangenehme Gefühl nach den Einkäufen?
- Addition von Argumenten, die das Verhalten unterstützen – «Ich möchte trendy gekleidet sein.»
- Ignorieren von Argumenten, welche gegen das Verhalten sprechen – Zum Beispiel die Statistiken zu Konsequenzen von Fast Fashion in den Medien ignorieren
- Andere positive Verhaltensweisen hervorheben, um das Verhalten zu kompensieren – «Ich fliege nie mit dem Flugzeug und trage so schon zu einem verminderten CO2-Ausstoss bei.»
- Betonung der Wichtigkeit von unterstützenden Argumenten – «Fast Fashion trägt Umweltkonsequenzen mit sich, aber mein Wohlbefinden ist mir am wichtigsten und ich fühle mich nur in modischer Kleidung wohl.»
- Verharmlosung der Wichtigkeit von Argumenten, die gegen das Verhalten sprechen – «Ich glaube, die Medien stellen die Umweltkonsequenzen von Fast Fashion übertrieben dar.»
Die meisten Kleidungsstücke bestehen aus Baumwolle oder Polyester (Anbau von Baumwolle, 2016). Der Anbau und die Verarbeitung beider Stoffe verursacht Umwelt- und Gesundheitsprobleme. Baumwolle ist anfällig für Schädlinge und benötigt daher zum Anbau Pestizide, die die Bodenfruchtbarkeit beeinträchtigen und das Trinkwasser verunreinigen (Anbau von Baumwolle, 2016). Die Chemikalien aus der Textilfärberei und Pestizide aus dem Baumwollanbau gefährden die Gesundheit von Menschen und Tieren vor Ort (Bick et al., 2018). Pestizide sind laut WHO (2018) eine der häufigsten Todesursachen durch Selbstvergiftung. Darüber hinaus verbraucht die Baumwollproduktion 15.000 Liter Süsswasser pro Kilo (Fast Fashion, 2020). Die Polyesterproduktion verbraucht Öl und gibt beim Waschen in der Waschmaschine Mikroplastik in die Ozeane ab. Nach Angaben der IUCN wird 35 Prozent der Mikroplastikfreisetzung in die Weltmeere durch Polyester verursacht (Boucher & Friot, 2017). Aufgrund der momentanen Konsumsituation von Fast Fashion wird erwartet, dass die CO2 Emmissionen in den nächsten zehn Jahren um 60 Prozent steigen (UNFCCC, 2018). Kinderarbeit, gewissenlose Arbeitsbedingungen und Ausbeutung sind in der Fast Fashion-Produktion alltäglich (Anbau von Baumwolle, 2016; Anguelov, 2015; Bick et al., 2018). Trotz alledem steigt der Konsum, wieso?
Wer konsumiert Fast Fashion und wieso?
Eine Determinante für den Konsum von Fast Fashion ist die Erschwinglichkeit und die Vielfalt der Auswahl, die soziale Norm und die intrinsische Motivation einzigartig sein zu wollen (Crewe & Davenport, 1992; McNeill & Moore, 2015; Rostiani & Kuron, 2019; Wai Yee et al., 2016). Vor allem junge, gebildete Frauen konsumieren die kurzlebigen Modetrends (Crewe & Davenport, 1992; Ma et al., 2012; McNeill & Moore, 2015; Wai Yee et al., 2016). Wieso konsumieren gebildete Individuen mehr Fast Fashion? Eine mögliche Erklärung hierfür bietet der Rigorismus. Rigorismus bezeichnet das starre Festhalten an Denk- und Handlungsweisen ohne Berücksichtigung von Situationsmerkmalen. Im Kontext übermässigen Konsums wird Rigorismus als Erklärungsversuch für die Kluft von Umweltbewusstsein und dementsprechenden Umweltverhalten herbeigezogen (Kuckartz, 2007). Die Inkonsistenz von Überzeugung und Verhalten kann zu einem unbehaglichen Gefühl führen, welches kognitive Dissonanz genannt wird. Wenn ein solches Gefühl eintritt, muss sich etwas ändern, um die Dissonanz zu beseitigen oder zu reduzieren (Festinger, 1957).
Damit umweltfreundliche Kleidung von Konsument*innen erkannt wird, wurden Gütesiegel kreiert. Ein Beispiel hierfür ist das Gütesiegel «GOTS – Global Organic Textile Standard», welches für eine nachhaltige Produktionskette von Rohstoff bis Verkauf einsteht (GOTS, o. D.).
Einige Einzelhändler spezialisieren sich auf das Gegenstück von Fast Fashion, etwa Slow Fashion (Fast Fashion, 2020). Slow Fashion bezeichnet Mode, die mit recycelbaren Materialen bei nachhaltigen Bedingungen hergestellt wird. Ausserdem fokussiert Slow Fashion auf zwei Saisons im Jahr und folgt demnach nicht den stetig wechselnden Trends, sondern setzt vielmehr auf zeitlose Designs. Die Herstellung der Slow Fashion Kleidung richtet sich nach Menschen- und Arbeitsrecht, sodass weder Kinderarbeit noch Ausbeutung betrieben wird (Fast Fashion, 2020).

Was kann man als Konsument*in machen, um den Fast Fashion-Konsum zu reduzieren?
Genau wie das Car-Sharing in der Automobilbranche findet man in der Kleiderbranche einen Industriezweig für Kleiderverleih. In Leihboutiquen kann man nicht nur Abendkleider oder Kostüme ausleihen, sondern auch Alltagskleidung, Schuhe, Taschen und weitere Accessoires. Das Ausleihen von Bekleidung bietet eine Alternative, um an Veranstaltungen neue Kleider anziehen zu können, bei welchen man sowieso nicht die Absicht gehabt hat, diese öfters zu verwenden.
Ein weiterer Ansatz wäre, die Lebensdauer der Fast Fashion- Kleidung zu verlängern. Dies lässt sich durch tiefe Waschtemperaturen, Auslüften statt Trocknen und selteneren Waschvorgängen erreichen.
Secondhand Mode statt Fast Fashion wäre eine Möglichkeit, nachhaltig zu agieren und Umwelt und Ressourcen zu schonen, ohne aufs Shoppingerlebnis an sich verzichten zu müssen. Der Kauf von Secondhand-Kleidung trägt dazu bei, die Umweltfolgen von (Fast-) Fashion zu reduzieren (Farrant et al., 2010). Secondhand Mode kann auch in puncto Preis mit Fast Fashion mithalten, zumal Secondhand Kleidung meist qualitativ hochwertiger ist und in Relation zu ihrer Qualität zu einem günstigeren Preis erworben werden kann. Ein nicht zu vernachlässigender Vorteil von Secondhand-Mode ist, dass sie den Wunsch nach einzigartiger Entfaltung der eigenen Persönlichkeit besser zu erfüllen vermag als Fast Fashion-Kleidung (Rostiani & Kuron, 2019). Da es sich bei Secondhand-Kleidern meist um Einzelstücke handelt, wird die Shoppingtour zur Jagd nach verborgenen Schätzen. Hört sich nach einem aufregenden Einkaufserlebnis an, oder?





















