Die Behandlung der Alzheimer Krankheit zielt derzeit auf die Linderung der Symptome ab. Eine Heilung ist bislang nicht möglich. Daher sind neue Präventions- und Therapieansätze dringend nötig. Mehrfach ungesättigte langkettige Omega-3-Fettsäuren (PUFAs) werden als eine therapeutische Massnahme eingesetzt, wobei ihre Wirksamkeit noch nicht einheitlich belegt ist.
D ie Alzheimer Krankheit ist die häufigste neurodegenerative Störung weltweit, welche mit kontinuierlichem Verlust von kognitiven Funktionen einhergeht (Chávez-Castillo et al., 2025). Studien zeigen, dass der Lebensstil, die Ernährung und Ergänzungsstoffe wie die PUFAs einen Einfluss auf das Demenzrisiko haben können, da sie potenziell modulierbare Risikofaktoren darstellen (Chávez-Castillo et al., 2025; Lopez et al., 2011; Wu et al., 2015; Zhu et al., 2021;).
Zu Beginn der Alzheimer Krankheit steht häufig die Diagnose Mild cognitive impairment (Zhu et al., 2021). In diesem Stadium treten erstmals messbare kognitive Defizite auf und das Risiko für die Entwicklung einer Demenz erhöht sich pro Jahr um 10–15 Prozent. Verursacht wird die Erkrankung hauptsächlich durch Läsionen im temporalen, orbitalen und/oder im basalen Hirnlappen und betrifft im weiteren Verlauf auch Bereiche für vegetative Funktionen und Motorik (Chávez-Castillo et al., 2025).
Die Läsionen entstehen durch die Akkumulierung von amyloiden Plaques, die aufgrund der fehlerhaften Spaltung des Amyloid-Vorläuferproteins durch die β-Sekretase gebildet werden (Chávez-Castillo et al., 2025). Im Gegensatz dazu ist die Spaltung durch die α-Sekretase nicht pathologisch. Zusätzlich kommt es zur Hyperphosphorylierung von Tau-Proteinen, die sich zu toxischen neurofibrillären Tangles zusammenlagern. Durch diese pathologischen Prozesse werden vor Ort Entzündungsreaktionen ausgelöst, die versuchen, die Ablagerungen, unter anderem in den Mitochondrien, abzubauen. Dieser Abbau erfolgt jedoch unzureichend. Zusätzlich verlieren die Tau-Proteine durch die Tangle-Bildung ihre Affinität zu den Mikrotubuli, was zur Zerstörung von den Axonen führt. Dadurch entsteht oxidativer Stress, der die Funktion der Synapsen beeinträchtigt und schliesslich zum Zelltod führt. Dieser Krankheitsverlauf wird als Amyloid cascade hypothesis bezeichnet, wobei die genauen Ursachen und Abläufe der Alzheimer Krankheit bislang nicht vollständig geklärt sind.
PUFAs sind essenzielle Fettsäuren, die der Körper nicht selbst herstellen kann (Burckhardt et al., 2016). Zu den häufigsten PUFAs zählen Docosahexaensäure (DHA) und Eicosapentaensäure (EPA), die vor allem im Fischöl, Algen und fettreichen Fischen wie Lachs vorkommen. Ausserdem ist die Alpha-Linolensäure (ALA) in pflanzlichen Quellen wie Walnüsse sowie Raps- und Sojaöl enthalten. Diese Fettsäuren sind wichtige Bausteine der Lipidmembran der Neuronen und spielen eine Rolle bei der Regulation vieler neuronaler Prozesse wie bei der Signalübertragung zwischen Neuronen, Zellmigration, neuronalen Schutz vor oxidativem Stress und die Modulation von Entzündungsreaktionen (Chávez-Castillo et al., 2025). Da der Körper PUFAs nur begrenzt im Fettgewebe speichern kann, ist eine regelmässige Zufuhr über die Nahrung wichtig (Burckhardt et al., 2016). Für Erwachsene wird eine tägliche Einnahme von insgesamt 250 bis 1000 mg EPA und DHA empfohlen (Burckhardt et al., 2016).
PUFAs besitzen viele neuroprotektive Wirkungen, die im Zusammenhang der Alzheimer Krankheit von Bedeutung sind (Chávez-Castillo et al., 2025). Auf der einen Seite hemmen sie die Bildung von amyloiden Plaques, indem sie die Stabilität der α-Sekretase fördern und die β-Sekretase hemmen. Auf der anderen Seite wirken die PUFAs entzündungshemmend, indem sie die Produktion von proinflammatorischen Zytokinen reduzieren und dadurch den oxidativen Stress senken. Auch aktivieren sie antioxidative Enzyme, wie die Hämoxygenase. Zudem fördern PUFAs insbesondere im Hippocampus die neuronale Regeneration, indem sie die Expression von Wachstumsmarkern sowie synaptische Proteine wie Synapsin steigern und den G-gekoppelten GPCR40-Rezeptor aktivieren. Dies führt zur Bildung neuer Synapsen und zum Wachstum von Dendriten.
Wissenschaftliche Evidenz zur Wirkung von PUFAs bei der Alzheimer Krankheit
PUFAs haben vor allem in frühen Stadien der Alzheimer Krankheit, wie beim Mild cognitive impairement, potenziell positive Effekte (Bo et al., 2017; Suh et al., 2024; Zhu et al., 2021). Bei bereits diagnostizierter Alzheimer Krankheit hingegen lassen sich durch die gezielte Steigerung der PUFA-Verfügbarkeit nur geringe oder keine signifikanten Verbesserungen der kognitiven Funktionen nachweisen (Araya-Quintanilla et al., 2020; Burckhardt et al., 2016; Hashimoto et al., 2017).
«Even though ω-3 PUFA supplementation shows promise, particularly in the early stages of AD, there are several key limitations to consider in this therapeutic approach. The benefits appear to be stage-dependent, with greater effects observed in individuals in early AD or mild cognitive impairment.»
Studien liefern ein uneinheitliches Bild über die Entwicklung von kognitiven Beeinträchtigungen und der Alzheimer Krankheit durch die Einnahme von PUFAs (Chávez-Castillo et al., 2025). Ein Grund dafür liegt in den teils stark variierenden Dosierungen und Studiendauern. Positive Effekte werden vor allem bei einer langfristigen Supplementierung mit erhöhten Dosierungen beobachtet. Des Weiteren ist die Wirkung von PUFAs abhängig vom Krankheitsstadium. Letztlich spielen auch individuelle Faktoren eine Rolle, wie gut Patient*innen auf die Behandlung ansprechen.